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Lübecker Kreuzweg fordert auf, Haltung zu üben!

Veröffentlicht am: 18. April 2025
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M. Chwalek/ Erzbistum Hamburg

Etwa 400 Gläubige gingen am heuteigen Karfreitag in Lübeck wieder den ältesten Kreuzweg Deutschlands. Mit einem Holzkreuz zogen die Menschen beim Regen durch die Lübecker Altstadt und erinnerten an fünf Stationen an das Leiden und Sterben von Jesus Christus. Der Kreuzweg startete wie immer in der St.-Jakobi-Kirche (Koberg) und endete auf dem Jerusalemsberg vor den Toren der Stadt.

Der diesjährige Kreuzweg stand unter den Worten aus dem Johannes-Evangelium (16,33) „Angst in der Welt“ mit dem Zusatz „Haltung üben“. „Mit dem Motto greifen wir die Verunsicherung auf, die in den letzten Jahren schubweise über unsere Gesellschaft und die Menschen gekommen ist“, sagte der katholische Lübecker Propst Christoph Giering. „Der Kreuzweg will die Überzeugung stärken, dass gegenüber Ängsten und ihren Gründen ‚Haltung üben‘ eine Notwendigkeit ist.“

Angst verknüpfe sich oft mit einem Gefühl der Ohnmacht, so Pröpstin Petra Kallies vom Ev.-Luth. Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg: „Das Motto des Kreuzwegs stellt diesen persönlichen Gefühlen einen tröstenden Satz Jesu an die Seite. In seinem letzten Gespräch mit seinen Jüngern sagte er ihnen: ‚In der Welt habt ihr Angst, aber seid gewiss: Ich habe die Welt überwunden.‘“ Hoffnung gegen die Angst aufzubringen erfordere tägliche Übung, so Kallies. „Und es erfordert Haltung; nämlich die Haltung, dem Bösen keinen Raum zu geben. Wie gut, dass wir uns dabei auf Jesus verlassen können, der schon vor seinem Tod eine solche Zuversicht hatte.“

An den fünf Stationen wurden kurze Ansprachen gehalten von der Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischöfin Kirsten Fehrs, Jugenddiakonin Tanja Derlin, dem Lübecker Stadtpräsidenten, Henning Schumann, der Leiterin des Willy-Brandt-Hauses, Dr. Bettina Greiner und Erzbischof Dr. Stefan Heße.

Aktualität des Lübecker Kreuzwegs
„Seit Jahren gehe ich den Kreuzweg am Karfreitag in Lübeck mit. Es berührt mich, wenn die vielen Menschen mit dem Kreuz Jesu vorneweg durch die Lübecker Altstadt ziehen“, so Erzbischof Dr. Stefan Heße. „Dieses Jahr gehen wir den Weg unter der Überschrift ‚Angst in der Welt‘. Wir denken dann an das Leiden und Sterben von Jesus, aber auch wo heute Menschen leiden und sterben. Uns trägt die Gewissheit, dass der Tod eben nicht das letzte Wort hat, sondern dass das Leben am Ende triumphiert.“

Auch Bischöfin Kirsten Fehrs betont die Aktualität des Kreuzwegs. Er lasse in diesem Jahr erahnen, wie die Grundwerte menschlichen Zusammenlebens weltweit auf dem Spiel stehen: „Damals wie heute: Wenn Menschen sich für Gottes Weltordnung einsetzen, für die Würde und das Recht aller Menschen, dann stoßen sie mit Weltbildern und Ideologien zusammen, die Liebe und Barmherzigkeit zum Feindbild erklärt haben.“ Deshalb komme es gerade jetzt auf christliche Haltung an. Darauf, verwundbar zu bleiben für die in ihrer Würde Verletzen. „Lasst uns in ökumenischer Gemeinschaft den Weg der unabdingbaren Liebe und Menschenfreundlichkeit weitergehen und darin Jesus nachfolgen“, so Bischöfin Fehrs.

Zum Thema „Lübecker Kreuzweg“:
Kirchenhistoriker halten ihn für den ersten deutschen Kreuzweg: Der Weg von der Jakobi-Kirche zum Jerusalemsberg ist mit 1.650 Metern exakt so lang wie die „Via dolorosa“ in Jerusalem. Diesen Weg soll Jesus nach seiner Verurteilung durch Pontius Pilatus bis zum Ort der Kreuzigung gegangen sein. Hinrich Konstin war im 15. Jahrhundert ein angesehener Kaufmann und Ratsherr der blühenden Hansestadt Lübeck. Für sein Seelenheil hatte er eine Pilgerreise nach Jerusalem unternommen. Den Lübschen Sagen nach soll er sehr jähzornig gewesen sein und seiner Frau „großes Herzeleid“ angetan haben. Er starb 1482 kinderlos und verfügte in seinem Testament, dass von seinem Vermögen ein Kreuzweg gebaut werden sollte. Noch heute erinnern „Konstinkai“ und „Konstinstraße“ an den Stifter.

Der Kreuzweg beginnt an einem Relief der evangelischen Jakobi-Kirche. „Hir beginet de crucedracht Christi bute de borchdare to Jherusale“ (Hier beginnt die Kreuztragung Christi durch das Burgtor zum Jerusalemsberg). Vor den Stadtmauern hatte Konstin den Jerusalemsberg aufschütten lassen. Hier an der Konstinstraße sieht man heute neben dem Brahms-Institut einen rund vier Meter hohen Hügel. Ursprünglich muss er höher gewesen sein, denn die Franzosen hatten während ihrer Belagerung 1813 einen Teil abgetragen. 17 stattliche Eichen umrahmen das Denkmal mit der Kreuzigung Jesu. Seit Anfang der 2000er Jahre gehen mehrere Hundert Gläubige diesen Kreuzweg wieder regelmäßig an jedem Karfreitag um 10 Uhr.

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